Datum/Zeit
am 25.11.2023 um 19:30 Uhr
Art der Veranstaltung: Vortrag
Lauterbach und die Welt 1761-80:
Weihnachtsbaum, Amerika, Dudelsack und Schottenkaro
Ein Abend über eine unzertrennliche hessisch-schottische Freundschaft,
eine wiederbelebte Barock-Sackpfeife und die Wahrheit über Tartan-Muster
Reisen bildet – selbst, wenn der Anlass der Reise der Krieg ist, bekanntermaßen für die meisten Beteiligten ein schreckliches Erlebnis. Und wenn die Dienstreisen in einer Epoche stattfinden, in der nicht die Staatsangehörigkeit, sondern die Standesangehörigkeit die Identität bestimmt, dann steigen mit der Höhe des sozialen Ranges die Chancen, aus der Not eine Tugend machen zu können.
Am Samstag, dem 25. November um 19.30 Uhr wird im spätbarocken Hohhaus in Lauterbach erzählt, wie der gebürtige Lauterbacher Friedrich Adolf Riedesel zu Eisenbach im Jahre 1761 in Deutschland eine private Freundschaft schloss mit dem Schotten Simon Fraser of Balnain. Riedesel gehörte damals der braunschweigischen Armee an, und Balnain der verbündeten britischen, beide hätten damals aber genauso gut woanders anheuern können.
Der Vortragende, Axel Koehler MA, MPhil, wird darüber berichten, wie beide sich in Amerika wiedertrafen (im Krieg…), wie Balnain im Zelt Riedesels starb, wie der Vogelsberger Riedesel britischer Gouverneur eines Teils Kanadas wurde, und wie seine tatkräftige Gattin dort einerseits den deutschen Weihnachtsbaum einführte und andererseits durch ihr ihre guten Französischkenntnisse eine Vertrauensperson der durch die britische Obrigkeit drangsalierten Franko-Kanadierinnen wurde.
Koehlers Vortrag bildet das Hauptprogramm – im Begleitprogramm gibt es Musik und Mode:
Sozusagen als musikalische „Vorgruppe“ zum Geschichtsvortrag kann man den offiziellen „Stapellauf“ der Rekonstruktion eines ausgestorbenen Musikinstrumentes erleben.
Der Musiker Quest spielt einige Stücke auf einem Nachbau der historischen „Pastoral Bagpipes“ und auf deren Vorgängern und Nachfolgern in der Evolution der filigranen Kammer-Sackpfeifen des 18. Jahrhunderts. Natürlich erläutert er auch das kulturgeschichtliche Umfeld des Instrumentes, das nicht etwa der „National-Dudelsack“ eines Landes ist, sondern ein Ausdruck städtischer Kultur in den Metropolen Englands, Schottlands und Irlands. Und obendrein auf eine französische Erfindung zurückgeht, nämlich die Barock-Oboe.
Die Pastoral Pipes werden im Duett mit Barockvioline oder Bratsche zuhören sein – und zwar mit Stücken eines Namensvetters und Nachbarn von Simon Fraser of Balnain: Simon Fraser of Knockie.
Nicht in Vortragsform, sondern als Info-Stand auf „Tuchfühlung“ – im wahrsten Sinne des Wortes –
wird der Mythos von den „Clan-Tartans“, der angeblichen „Familien-Uniform-Karos“ zurechtgerückt.
Der Tartan-Forscher und- Designer Rüdiger Heil, alias Roidsear Mac a´Ghobhainn (Roger MacGowan), von Eighteenth Century Tartans, Design & Consultancy aus Künzell wird die Besonderheiten nachgewebter und geschneiderter Beispiele Hochland-schottischer Tartan-Muster aufzeigen, wie sie aussahen, als sie noch zur Alltagskleidung gälischer Highlander gehörten, nämlich im 18. Jahrhundert.
Verarbeitet zu schottischen Kleidungsstücken des 18 Jahrhunderts kann der wohlausgewogen gemusterte Wollstoff sowohl in der Auslage betrachtet als auch „am Mann“ getragen erlebt werden.
Was wäre ein schottischer Abend ohne Geselligkeit und gute Unterhaltungen? Der Hohhausverein bietet daher eine Getränkeauswahl und eine kleine Whisky-Bar an. Der Einlass ist ab 19 Uhr.
So werden am selben Abend viele überraschende Einblicke in die komplexen internationalen kulturellen Verstrickungen aus der Zeit der Entstehung des Hohhauses gewährt.
Und das am absolut perfekten Ort: Das Hohhaus ist eines von ganz wenigen intakten Herrenhäusern des Rokoko, in dessen Hallen tiefgehende Kulturvermittlung auf Augenhöhe noch möglich ist.